| Vergaberecht

Beschaffung von preisgebundener Literatur, insbesondere Schulbücher

Die Regelungen zur Beschaffung von Lernmitteln (Schulbücher) durch die Schulträger und Schulen im Vorfeld des neuen Schuljahres 2023 / 2024 sind in letzter Zeit durch die Medien sehr kritisch begleitet worden. Dabei gaben einige Fernsehbeiträge, Artikel in Zeitungen oder sozialen Medien den Sachverhalt nichtzutreffend wieder.

Auf den ersten Blick mag es unverständlich erscheinen, dass für Lernmittel, die infolge der Buchpreisbindung überall den selben Preis haben, eine wettbewerbliche Vergabe erforderlich ist. Gute Wettbewerbsbedingungen werden aber nicht nur am Preis festgemacht. Der Preis ist ein Wettbewerbskriterium, welches aber – je nach Auftrag – um viele zusätzliche Kriterien, die für den speziellen Auftrag wichtig sind, erweitert werden kann. Die öffentliche Hand muss auch die Beschaffung von Schulbüchern transparent und diskriminierungsfrei ausgestalten. So regelt das Vergaberecht seit der Vergaberechtsreform 2016 auch ausdrücklich den Fall, dass Vergaben auf rein qualitativer, sozialer, umweltbezogener oder innovativer Grundlage erfolgen können, wenn der Preis oder die Kosten als Vergabekriterien ausfallen (§ 58 Abs. 2 Satz 3 VgV; § 43 Abs. 2 Satz 3 UVgO).

Die neuen Regelungen

Die neugefasste Verwaltungsvorschrift „Öffentliches Auftragswesen in Rheinland-Pfalz“ vom 18.08.2021 (MinBl. S. 91) hat die Beschaffung von Schulbüchern vereinfacht. Schon nach der Vorgängerregelung (Verwaltungsvorschrift vom 24.04.2014 – MinBl. S. 48) war für die Vergabe öffentlicher Aufträge über Schulbücher ein einfaches wettbewerbsoffenes Verfahren erforderlich. Dies ist in der Praxis in der Vergangenheit bedauerlicherweise jedoch häufig nicht eingehalten worden, so dass eine Reihe von Schulen oder Schulträger ihre bisherige Praxis umstellen müssen.

Mit der Neuregelung können öffentliche Aufträge über preisgebundene Bücher bis zu einer Wertgrenze von 10.000 Euro (netto) je Schule direkt vergeben werden. Die allgemeine Direktauftragsgrenze beträgt aktuell 3.000 Euro. Übersteigt der Auftragswert die Wertgrenze von 10.000 Euro (netto) ist ein einfaches wettbewerbsoffenes Verfahren erforderlich.

Das bedeutet: Bis zum Erreichen des maßgebenden EU-Schwellenwertes von aktuell 215.000 Euro (netto) ist die Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes von nur drei Buchhandlungen ausreichend, die von den Schulen oder den Vergabestellen der Schulträger ausgewählt werden. Dies ist hinreichend zu dokumentieren. In geeigneten Fällen kann auch das Instrument der Rahmenvereinbarungen genutzt werden. Mit diesen Regelungen sind die Schulen gemeinsam mit den Schulträgern in die Lage versetzt, eine schulortnahe Versorgung durch Beauftragung auch des örtlichen Buchhandels zu gewährleisten.

Schulträger haben natürlich die Freiheit, eine öffentliche Ausschreibung als Vergabeverfahren zu wählen und den Beschaffungsbedarf mehrerer Schulen losweise zusammenzufassen. In diesem Fall verzichten aber Vergabestellen bewusst auf eine schulweise Vergabe und nutzen die Vereinfachungen, die die Verwaltungsvorschrift bietet, nicht. Dann kann dies im Ergebnis aber auch dazu führen, dass Buchhändler aus Zschopau, Braunschweig, Schwäbisch Gmünd, Werl und Hamburg zum Zuge kommen. Durch die voranschreitende Digitalisierung erstreckt sich der Wirkungskreis im Handel ohnehin schon lange nicht mehr nur auf die direkte örtliche Umgebung eines Geschäftslokals. Und auch Buchhandlungen aus Kaiserslautern, Bad Kreuznach oder Montabaur eröffnen sich neue Möglichkeiten, Angebote abzugeben.

In allen Bundesländern gelten für die Vergabe öffentlicher Aufträge über preisgebundene Literatur grundsätzlich die allgemeinen für Lieferleistungen geltenden Vergaberechtsbestimmungen. Nur einzelne Länder sehen für die Beschaffung von Schulbüchern Vereinfachungen vor. Die rheinland-pfälzische Sonderregelung erweist sich dabei als eine sehr gute und praxistaugliche Beschaffungsregelung für preisgebundene Schulbücher.

Hinweise und Links

Die neu formulierten Vergaberechtsbestimmungen über die Beschaffung von preisgebundener Literatur waren bereits Gegenstand verschiedener parlamentarischer Anfragen im Landtag. Über die nachfolgenden Links gelangen Sie zu den Anfragen und Antworten, die ebenfalls Aufschluss über die Beweggründe für die Sonderregelung geben:

Drucksache 17/14614

Drucksache 17/14615

Drucksache 17/14694

Drucksache 18/4090

Drucksache 18/6969

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